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Praxis

Mit Astrometrica die Position von Kleinplaneten bestimmen

Einstieg in die messende Astronomie

Machen Sie es wie die Astro-Profis und wagen Sie sich an die Positions- und Helligkeitsbestimmung von Objekten.

Ein typisches Bild nahe der Ekliptik: Der Kleinplanet (81) Terpsichore (Kreismarkierung) verursacht eine helle Spur auf dieser Aufnahme des Nebels IC 410. M. Weigand Ein typisches Bild nahe der Ekliptik: Der Kleinplanet (81) Terpsichore (Kreismarkierung) verursacht eine helle Spur auf dieser Aufnahme des Nebels IC 410. M. Weigand

Schöne Bilder zu produzieren, ist das vorherrschende Ziel vieler Astrofotografen. Amateurastronomen können sich mit ihrem Equipment jedoch auch den klassischen Aufgaben der Astronomie widmen, z. B. der Astrometrie und Photometrie, also der Positions- bzw. Helligkeitsbestimmung von Objekten. Mit dem Programm Astrometrica gelingt die entsprechende Auswertung der Aufnahmen.

Das riesige, potenzielle Reservoir an der im professionellen Bereich sehr kostbaren Teleskopzeit ist ein Vorteil der Amateurastronomen, auch wenn er aufgrund automatischer Durchmusterungen geschrumpft ist.

Hobbyastronomen können bei der Beobachtung von Kleinplaneten, Kometen oder auch veränderlichen Sternen einen Beitrag zur Verbesserung der Datenlage leisten. Die Positionsbestimmung von Kleinplaneten soll hier beispielhaft beschrieben werden.

Welches Equipment ist geeignet?

Die technischen Anforderungen für den Einstieg in die messende Astronomie sind nicht hoch. Ein kleines, nachgeführtes Teleskop mit CCD-Kamera ist prinzipiell für die Vermessung von Objekten geeignet. Ein für die Astrometrie sinnvolles Sampling von 2"/Pixel (oder besser) wird bereits mit einem kleinen Refraktor erreicht. Für die Suche nach noch unbekannten Kleinplaneten sind möglichst große Bildfelder und damit große Chips natürlich vorteilhaft, um ein möglichst großes Himmelsareal zu erfassen. Für erste Versuche an bekannten Objekten spielt dies noch keine große Rolle.

Typischerweise wird für Kleinplaneten einige zehn Sekunden bis wenige Minuten lang belichtet. Weiterhin darf das Objekt für gute Messergebnisse nicht überbelichtet sein. Die Dauer ist ein Kompromiss, um ein gutes Signal-zu-Rausch-Verhältnis bei noch punktförmiger Darstellung zu erreichen. Bei längeren Belichtungen macht sich die Bewegung von Kleinplaneten schnell bemerkbar. Beim Vergleich mehrerer Bilder verraten sich Kleinplaneten als bewegliche Punkte vor dem Sternhintergrund.

Für die Auswertung der Bilder soll hier das Programm Astrometrica vorgestellt werden. Seine Struktur ist einfach und alle wichtigen Funktionen sind über die Symbolleiste erreichbar. Für erste Versuche sind übrigens nicht unbedingt eigene Bilder nötig. Die Software bringt einen kleinen Satz Testbilder mit, bei denen die Standardwerte in der Konfiguration passen.

Erste Schritte mit Astrometrica

Damit die Auswertung von Bildern gelingen kann, benötigt Astrometrica einige Informationen. Daher geht es zunächst in die "Program Settings" für Angaben zum Beobachtungsort und Aufnahmesystem. Dazu gehören die Teleskop-Brennweite, Chipeigenschaften und Orientierung der Kamera. Gegebenenfalls ist anzupassen, wie Zeitangaben im FITS-Header zu interpretieren sind. Technische Informationen des Kamerasensors finden sich üblicherweise im Datenblatt der Kamera.

Nun kennt Astrometrica die Dimensionen und Ausrichtung des Bildfeldes. Die weiteren Programmeinstellungen funktionieren in der Regel und können erst einmal auf den Startwerten belassen und später eventuell verfeinert werden.

Damit kann das Laden der FITS-Dateien erfolgen. Zur Kalibration ist auch die Verarbeitung von Dunkel- und Hellbildern möglich. Beim Öffnen wird für jedes Bild die Zeitinformation aus dem FITS-Header zur Bestätigung angezeigt.

Abgleich mit Sternkatalog

Die Auswertung startet mit der Funktion "Astrometric Data Reduction", wonach zunächst die Koordinaten der Bildmitte möglichst genau eingegeben werden. Bei einem bekannten Kleinplaneten oder Kometen kann alternativ dessen erwartete Position aus dem Katalog geladen werden. Anschließend startet die automatische Erkennung des Sternmusters. Standardmäßig ist der USNO-B1.0-Katalog des United States Naval Observatory mit rund einer Milliarde Sterne bis zu einer Helligkeit von 21m installiert. Bei Bedarf können auch tiefere Kataloge wie der UCAC4 genutzt werden. Dies kann bei längeren Brennweiten bzw. kleineren Gesichtsfeldern nötig sein.

Stimmen die Parameter in der Konfiguration, wird das Resultat des Abgleichs nach wenigen Sekunden angezeigt. Die Sterne des Bildes sind dann mit Kreisen markiert. Dabei steht Grün für erkannte Referenzsterne. Ist das Signal eines Referenzsterns zu schwach, wird dieser gelb markiert.

Die grafische Benutzeroberfläche von Astrometrica mit einem erfolgreich
erkannten Sternfeld. M. Weigand Die grafische Benutzeroberfläche von Astrometrica mit einem erfolgreich erkannten Sternfeld. M. Weigand

Sollte die Anpassung fehlschlagen, ist eine manuelle Anpassung möglich. Das Muster des Referenzkatalogs wird mit den Pfeiltasten verschoben und mit dem Orientierungswinkel sowie der Brennweiteneinstellung so lange verändert, bis eine Übereinstimmung erreicht ist. Häufig ist die Brennweite die Fehlerquelle, da sie durch Serienstreuung von den Herstellerangaben abweichen kann. Die veränderten Werte sollten später in die Konfiguration übernommen werden, sodass von da an die automatische Anpassung funktioniert.

Astrometrische Auswertung

Ist das Referenzsternmuster gefunden, fehlen nur wenige Schritte zur ersten Positionsbestimmung. Für die Identifikation beweglicher Objekte im Bildfeld hilft die Blinkfunktion. Ist ein Objekt erkannt, liefert ein Anklicken den Positionsfit. Das Helligkeitsprofil des Objekts wird mit einer Gauß-Funktion angepasst. Bei einer Bildsequenz gelingt dies auch mit der Funktion "Moving Object Detection" automatisch für alle Bilder. Das Resultat nach erfolgreicher Astrometrie sind die äquatorialen Koordinaten des Objekts! Die Ergebnisse werden in der Textdatei MPCReport.txt protokolliert.

Ein guter Positionsfit eines Kleinplaneten links und ein wegen Überbelichtung
nicht optimales Beispiel rechts. M. Weigand Ein guter Positionsfit eines Kleinplaneten links und ein wegen Überbelichtung nicht optimales Beispiel rechts. M. Weigand

Fazit

Hobby-Astronomen können ihr fotografisches Equipment auch sehr einfach für Messprojekte einsetzen. Wer dies mit entsprechendem Enthusiasmus betreibt, kann bei der Überwachung von Asteroiden oder Kometen einen Beitrag zur Verbesserung der Bahndaten leisten. Ein weiteres Betätigungsfeld ist die Beobachtung veränderlicher Sterne oder Novae und Supernovae. Mit Astrometrica gelingt nach dem beschriebenen Vorgehen auch die photometrische Auswertung.

Autor: Mario Weigand / Lizenz: Oculum-Verlag GmbH