Okulare
Klassiker oder ein Blick ohne Grenzen: Warum die Bauart wichtig ist und eine hohe Vergrößerung oft nicht die beste Lösung.
Welche Okulare für welchen Zweck?
Auf dem amateurastronomischen Markt gibt es eine Flut von Okularen verschiedenster Bauweise. Da hört man Begriffe wie scheinbares Gesichtsfeld, Brennweite, Austrittspupille und weiß dann doch nicht, welches Okular das richtige ist. Um dem abzuhelfen, haben wir Ihnen die Bauweisen mit ihren Vor- und Nachteilen zusammengestellt.
Okulare sind so etwas wie Lupen, um das vom Fernrohr erzeugte Zwischenbild zu vergrößern. Prinzipiell könnte eine solche Okularlupe aus nur einer Linse bestehen. Da man aber verschiedene Gesichtsfeldgrößen erreichen möchte, muss ein Okular aus einer Kombination von Linsen in einem bestimmten Abstand bestehen. Und natürlich wünscht man sich einen angenehmen Augenabstand und die Korrektur von Bildfehlern. Schließlich braucht es eine Fassung, die die Linsen hält. Sie wird auch als Okularhülse bezeichnet.
Kellner – Standard bei vielen Teleskopsets
Okulare nach Kellner bestehen aus drei Linsen und besitzen ein scheinbares Gesichtsfeld von etwa 45 Grad. Da die Augenlinsen verkittet sind und in ihrer Verbindung einen Achromaten erzeugen, treten Farbfehler nur gering in Erscheinung.
Kellner-Okulare können bereits für höhere Vergrößerungen an Fernrohren mit einem Öffnungsverhältnis von 1:10 verwendet werden. Die Grenze bei Newton-Reflektoren liegt bei einem Öffnungsverhältnis von 1:5, hier sollte man lieber zu Plössl-Okularen greifen.
Orthoskopische Okulare – Experten für scharfe Planeten
Orthoskopische Okulare haben vier Linsen, von denen zwei bikonvex und eine bikonkav gekrümmt sind. Sie bieten eine hohe Schärfe in der Mitte, wie auch am Rand. Deshalb sind sie interessant für Planeten- und Doppelsternbeobachtung. Der Vorteil: Sie weisen ein ebenes Bildfeld auf.
Der geringe Lichtverlust ist ein weiterer Pluspunkt dieser Okulare. Das scheinbare Gesichtsfeld beträgt etwa 40° – 45°.
Plössl – Beliebte und günstige Allrounder
Plössl-Okulare sind die astronomischen Standardokulare und jeder kann sich diese Okulare leisten! Oft findet man diese Bauart in Zubehörsets.
Plössl-Okulare bestehen immer aus vier Linsen zu je zwei Paaren. Diese Linsenpärchen sind miteinander verkittet und bilden jeweils einen Achromaten für sich, d. h. sie weisen nur einen geringen Farbfehler auf.
Bei kurzer Brennweite ist der Augenabstand allerdings ein Problem. Das bedeutet: Hier sind die Augenlinsen so klein, dass man sehr dicht an das Okular heran muss. In diesem Brennweitenbereich sind andere Okulare sinnvoll.
Das scheinbare Gesichtsfeld liegt bei etwa 50°.
Huygens – Klassiker aus vergangenen Zeiten
Diese Okulare bestehen aus zwei Linsen, die ein relativ kleines Eigengesichtsfeld bieten. Die Linsen sind nicht verkittet, also verklebt, und eignen sich daher gut für die Sonnenprojektion durch ein Teleskop. Diese Okulare gehören zu den ältesten Konstruktionen und sind nur noch selten im Zubehör von Teleskopen zu finden. Das scheinbare Gesichtsfeld beträgt etwa 40°.
Erfle – Die Mutter der Weitwinkelokulare
Den Namen Erfle-Okulare sucht man vergebens im Zubehörkatalog, denn diese Bauart gibt es nicht mehr direkt. Doch in vielen Weitwinkelokularen stecken die Grundzüge dieses Designs. Moderne Okulare sind also eine Weiterentwicklung und bauen auf dem Erfle-Design auf. Es sind fünflinsige Okulare mit scheinbaren Gesichtsfeldern bis zu 68°.
Long-Eye- und Long-View-Okulare
Diese Okulare sind seit einigen Jahren besonders beliebt. Wirft man einen Blick in die Okularkoffer der Hobbyastronomen, findet man in fast jedem ein Modell dieser Bauart. Dabei kann man diese Okulare eigentlich keiner richtigen Bauart zuordnen, es ist eher eine beherrschende Eigenschaft, die diese Okulare auszeichnen: Selbst bei kleinen Brennweiten bieten sie immer einen großen Augenabstand von rund 16-20mm und dadurch ein gutes Einblickverhalten. Vorteil: Sehr gut für Brillenträger geeignet, aber auch für Personen, die keine Brille benötigen.
Nagler – die hohe Klasse der Beobachtung
Naglerokulare sind eine eigene Entwicklung des Herstellers TeleVue. Die Okulare bestehen aus verschiedenen Linsenpaaren, die miteinander verkittet sind. Meist besitzen sie sieben Linsen, es gibt aber auch Abwandlungen mit weniger Linsen. Mit diesen Okularen bekommen Sie einen gigantischen Himmelseindruck geboten. Fast könnte man damit glauben, in den Himmel einzutauchen. Das liegt zum großen Teil an den kolossal großen, scheinbaren Gesichtsfeldern von 80°.
Zudem sind bei diesen Okularen auch die Bildfehler reduziert, wie Koma und Verzeichnung. Praktisch bedeutet das, dass Sie scharfe Sterne bis zum Rand beobachten, sogar in den lichtstärksten Teleskopen.
Wie Sie mit kleinen Vergrößerungen mehr erkennen
Besitzen Sie ein Teleskop mit einem 2" Okularauszug? Oder haben Sie vielleicht noch vor, ein Teleskop zu kaufen? Dann denken Sie auch an einen 2" Auszug, denn er könnte Ihnen eine völlig neue Sicht auf den Sternenhimmel offenbaren.
Bisher war nur von 1,25" Okularen die Rede, also die Okulare, die in jedes Teleskop passen. In den etwas größeren Teleskopen ab 150mm Öffnung findet man jedoch auch 2" Okularauszüge. Doch welche Vorteile bieten 2" Okulare?
Ein Blick ohne Grenzen?
Zunächst sind diese Okulare deutlich größer und auch etwas schwerer als ihre kleinen 1,25" Brüder. Entscheidend ist aber die viel größere Feldblende, die die Strahlen nicht so wie in den kleinen Okularen begrenzt, sondern deutlich größere Gesichtsfelder erlaubt. Daher finden Sie sogar Okulare, die mehr als 100° Gesichtsfeld bieten. Wenn Sie durch ein solches Okular beobachten, sehen Sie keine Grenzen. Es erscheint so, als wolle der schwarze Sternenhimmel nicht mehr enden. Erst wenn Sie Ihr Auge bewegen, erreichen Sie irgendwann den Rand des Gesichtsfeldes. Ein anderer Vorteil dieser Okulare ist das sehr angenehme Einblickverhalten. Die riesige Augenlinse bietet Ihnen daher eine besonders entspannte Beobachtung.
Für welche Objekte eignen sich 2" Okulare?
Generell sind für diese Okulare große Brennweiten interessant, also zum Beispiel im Bereich von 20-40mm. Dadurch erreichen Sie am Teleskop kleine Vergrößerungen und große Gesichtsfelder. Damit sind die Okulare besonders interessant für die Deep-Sky-Beobachtung.
Wenn Sie also schwache Galaxien oder ausgedehnte Nebelobjekte beobachten, sind die 2" Okulare eine wahrhafte Freude. Doch es gibt sogar noch einen weiteren Nutzen: das Suchen.
Empfohlenen Okulare
So finden Sie Objekte mit dem Weitwinkelokular
Stellen Sie sich vor, Sie wollen eine Galaxie mit Ihrem Teleskop auffinden. Doch trotz Ihres Sucherfernrohrs sind Sie sich nicht sicher, ob es tatsächlich schon "drin" ist, denn die schwache Galaxie sieht man mit dem bloßen Auge noch nicht. Zum Glück haben Sie jetzt Ihr 2" Weitwinkelokular, das vielleicht zwei Grad (das sind vier Vollmonddurchmesser) des Himmels abdeckt. Dank des großen Feldes entdecken Sie die Galaxie direkt im Okular und können das Objekt nun im Zentrum einstellen.
Große Gesichtsfelder – oder warum sie manchmal in die Irre führen können
Das Gesichtsfeld, welches man mit einem Okular erreichen kann, ist ein entscheidender Faktor. Wenn Sie sich einmal die heute erhältlichen Okulare ansehen, finden Sie Angaben, die von 45° bis 110° reichen.
Dabei ist das Eigengesichtsfeld des jeweiligen Okulars gemeint, also der Winkel, der durch das Okular erkannt werden kann. Doch diese weiten Felder können in die Irre führen. Denn das Eigengesichtsfeld ist noch lange nicht das Feld, welches man tatsächlich am Himmel sieht.
Denn ein ganz entscheidendes Kriterium ist das Teleskop. Je nach Vergrößerung erreicht man verschiedene reale Felder, die von den Angaben abweichen. Wenn Sie das scheinbare Eigengesichtsfeld vom Okular ablesen, können Sie sich das tatsächliche Feld am Himmel relativ einfach ausrechnen.
So finden Sie das reale Gesichtsfeld
Die Vergrößerung des Okulars am Teleskop:
V = Brennweite Teleskop / Brennweite Okular
- Beispiel: Sie verwenden ein Teleskop mit 1.000mm Brennweite und ein 10mm Okular.
- 1.000mm / 10mm = 100-fache Vergrößerung
Berechnung des realen Gesichtsfeldes:
Wahres Gesichtsfeld = scheinbares Gesichtsfeld / Vergrößerung
- Als Beispiel nehmen wir ein Super-Plössl-Okular mit 52° Eigengesichtsfeld:
- WG = 52° / 100-fach = 0,52° = 30’
Das Feld am Himmel hätte nun also eine Größe von 0,5° oder 30 Bogenminuten.
Zum Vergleich: Der Mond hat einen Scheibendurchmesser von 30 Bogenminuten am Himmel. Hier finden Sie eine Tabelle mit den verschiedenen Gesichtsfeldern:
Wie berechnet man das scheinbare Gesichtsfeld eines Okulars, wenn es nicht angegeben ist?
Messen Sie den Durchmesser der Gesichtsfeldblende an der Unterseite des Okulars aus. Dazu schrauben Sie vorher die Steckhülse weg, danach können Sie den freien Durchlass der Blende problemlos bestimmen. Der zweite Wert, den Sie benötigen, ist die Brennweite, die auf dem Okular zu finden ist. Mit folgender invers. Tangens-Funktion, kann man das Gesichtsfeld dann berechnen:
Scheinbares Gesichtsfeld = halbe Gesichtsfeldblende / Brennweite Okular tan-1
Es wird nicht die ganze Gesichtsfeldblende, sondern nur die halbe angegeben.
Das Ergebnis wird dann mit 2 multipliziert.
Beispiel
Bei einem Plössl-Okular von 12,5mm Brennweite messe ich eine Gesichtsfeldblende von 12mm. Diese beiden Angaben füge ich in die Formel ein, teile jedoch den Durchmesser der Blende durch 2, bekomme also 6mm.
- 6mm / 12,5mm tan-1 = 25,6 x 2 = 51°