Kundenmeinungen
Begeisterung hält sich in engen Grenzen
Kundenrezension von Wochowsee am 08.10.2016 14:51:32( 3 / 5 )
Anfang Oktober 2016 wollte ich mal die Gelegenheit nutzen, das blumig auf Hochglanz-Designerprospekten beworbene neue Zeiss Fernglas Victory SF 8x42 über die Feiertage auf seine Jagdtauglichkeit zu testen. Dazu entlieh ich mir von einem Zeiss-zertifizierten Berliner Optikerbetrieb gegen eine überhöhte Leihgebühr von 50 EUR das neueste Modell mit schwarzer Gummiarmierung.
Ich nutzte als Referenzgläser mein mindestens 25 Jahre altes „Carl-Zeiss-Jena 7x40 B/GA“ und mein ein Jahr altes „Swarovski Habicht 7x42 GA“, die ich bisher zur Jagd nutze.
2 Tage lang schleppte ich die drei Gläser zusammen mit Gewehr und Ausrüstung zum Hochsitz und beobachtete damit bis zum allerletzten Licht. Das Wetter war dafür perfekt: Immer wieder Regenschauer mit sonnigen Unterbrechungen und Nebel in der Nacht bei Temperaturen zwischen 15 und 8 Grad Celsius.
Zum Zeiss Fernglas Victory SF 8x42:
Die SF-Aufbewahrungstasche aus stabilem Cordura ist für das Verstauen des einsatzbereiten Fernglases mit anmontiertem Trageriemen und Regenschutzdeckeln zu eng bemessen und damit zu klein. Die Knickbrücke verstellte sich im Vergleich zu meinen Referenzgläsern bei dem irgendwie „billig“ anzufühlenden Plastikgehäuse viel zu leicht. Nix mehr mit Metall und stabiler Haptik. Die Austrittspupille des Victory SF 8x42 (AP 5,25mm) ermöglichte im Vergleich zum Carl-Zeiss-Jena 7x40 B/GA (AP 5,7mm) und erst recht zum Swarovski Habicht 7x42 GA (AP 6mm) nur bedingt mögliches Dämmerungssehen. Die Beschichtungen des Victory SF 8x42 ermöglichen zwar bis ins letzte Licht ein „helles“ Bild, aber die Austrittspupille (AP) von 5,3mm ermöglichte leider in den letzten 15min in meinem Auge nur so etwas wie kontrastarmen Dunst. Das alte Zeiss Jena 7x40 bildete bis zur allerletzten Minute immer noch auf 200 Meter kontraststark ein Stück Rehwild ab, genauso wie auch das Habicht 7x42 GA. Das war sehr ernüchternd, vor Allem bei dem vergleichsweise sehr hohen Preis von 2200,00 EUR für das Zeiss Victory SF 8x42 !
Das 8-fach vergrößerte Bild war beim Pirschen und Wandern deutlich unruhiger beim Einarmigen Beobachten. Daran änderte auch die Knickbrücke mit Durchgriff herzlich wenig ! Die 7-fach vergrößerten Bilder der beiden Anderen Ferngläser erzeugten auch einarmig stets ein ruhiges Bild. Beim Schwenken mit dem Zeiss Victory SF 8x42 fiel mir ein relativ starker Globuseffekt auf. Ich versuchte ihn vergeblich zu ignorieren. Diesen Effekt gibt es beim beobachten mit dem Carl-Zeiss-Jena 7x40 B/GA und mit dem Swarovski Habicht 7x42 GA nicht. Vielleicht würden die werten großen Optikhersteller ihren Schwerpunkt wieder auf 7-fach vergrößernde Ferngläser legen. Die Physik lässt sich eben doch nicht mit blumigen Versprechungen in durch und durch designten Hochglanzprospekten erschlagen.
Vor allem in der späten Dämmerung im Gegenlicht der untergegangen Sonne, entdeckte ich im Zeiss Victory SF 8x42 ein weiteres komisches Phänomen, nämlich nahe der Austrittspupille leicht nervende, kleine spiegelnde sichtbare Reflexe. Nach näherem Hinschauen drehten sich die Reflexe offenbar vor allem im linken Tubus beim Schwenken immer mit. Dies Alles führte bei zum Entschluß mein „altes“ aber immer noch klasse abbildendes Carl-Zeiss-Jena 7x40 B/GA und mein etwas neueres Swarovski Habicht 7x42 GA jagdlich weiter zu benutzen. Das Zeiss Victory SF 8x42 gab ich einem verwundert dreinblickenden Optiker sehr gerne nach den Einheitsfeiertagen wieder zurück.
Antwort auf diese Kundenrezension durch unseren Mitarbeiter Stefan Rieger
am 18.10.2016 16:17:00Sehr geehrter BBWolf,
vielen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar zu dem Victory SF 8x42. Was die Physik betrifft haben Sie natürlich vollkommen Recht. Eine Austrittspupille von 5,25 mm ist nun mal nicht mit 5,7 oder gar 6 mm zu vergleichen. Denn die für das Kontrastsehen zuständigen Rezeptoren in unserem Auge nehmen erst ab einer Pupillenöffnung von 4 mm und mehr zu. Dementsprechend werden bei einer größeren Austrittspupille einfach mehr dieser Rezeptoren mit Licht versorgt. Interessant wäre ein Vergleich mit einem Fernglas mit vergleichbarer AP.
Generell möchte ich darauf hinweisen, dass das Victory SF von seinen Vergütungen mehr auf Farbneutralität und Farbkonstrast ausgelegt ist, als auf maximale Transmission bei Dämmerung. Hierfür gibt es bei ZEISS die Victory HT-Ferngläser. Diese Baureihe wäre wohl für Ihre Anwendungszwecke besser geeignet.
Der erwähnte Globuseffekt lässt sich zurückführen auf die Field Flattener-Okulare. Dies sorgt für eine deutlich gesteigerte Randschärfe, jedoch empfinden manche Anwender diesen „Bildfeldbegradigungseffekt“ beim "Abglasen" der Landschaft als störend.
Das ein 8faches Glas mehr wackelt als ein 7fach vergrößerndes Modell ist logisch. Natürlich sind Sie auch seit Jahren an das Bild eines 7ner-Glases gewohnt. Dort fällt Ihnen die Handunruhe wohl nicht mehr so auf. Und gerade wenn Sie eventuell zuerst mit Ihrem 7fachen Feldstecher und dann mit dem 8fach vergrößerndem ZEISS durchschauen, wird dieser Effekt noch verstärkt.
Was die Mechanik betrifft und diese Lichtreflexe, kann ich keine Aussage treffen, ohne das Glas selbst gesehen zu haben. Die Mechanik ließe sich aber sicherlich fester einstellen beim Kundenservice von ZEISS.
Fazit: Ein 7x42 ist gerade für den Jäger der ein Glas bis in die Dämmerung sucht und nicht unbedingt einen Vogel anhand kleinster Merkmale im Gefieder bestimmen will, sicherlich eine leichtere Alternative zum 8x56. Leider wird hier das Sortiment immer dünner, doch es gibt noch das Swarovski Habicht, wie Sie es besitzen oder auch von Leica das Ultravid HD-Plus. Das Victory SF ist immer noch eines der besten Gläser derzeit am Markt für den Naturbeobachter, für Jäger empfehle ich eher das Victory HT.
Stefan Rieger
Category Manager Sports Optics
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